Störungen der Sexualität können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden: Nach
- Symptomatik (Was ist in welcher Phase der Sexuellen Interaktion gestört?)
- Formaler Ausprägung (Art u. Weise, Dauer, Schweregrad)
- Ursachen (Organisch, medikamentös, psychosozial)
Zur Symptomatik: Nach der 3-Phasentheorie von Kaplan kann jede Phase einer sexuellen Interaktion sowohl organisch als auch seelisch blockiert sein:
- Die Lust- Appetenz-Phase durch Verminderung, Störung oder Fehlen aber auch durch stark vermehrtes Bestehen
- des sexuellen Begehren u./o. Verlangen (Frigidität, Nymphomanie)
- des sexuellen Ziels (Präferenz: Pädophilie, Exhibitionismus, Fetischismus)
- der sexuellen Phantasien oder Erinnerungen (Sadomasochismus)
- der taktilen Reizstimulation
- Die Erregungs-Phase durch Verminderung, Störung oder Fehlen von
- Verstärkung des Blutflusses und der Sekretion
- Erektion beim Mann (Impotenz)
- Anschwellen von Kitzler und Schamlippen der Frau oder
- Dyspareunie (schmerzhafter Akt) oder Vaginismus (krampfartiger Scheidenverschluss)
- Die Orgasmus-Phase durch Verminderung, Störung oder Fehlen von (beim Mann)
- Bereitstellung des Samens aus dem Nebenhoden (Emission)
- Ejakulation (Ausstoß der Samenflüssigkeit)
- Kontraktion von Becken- und Genitalmuskulatur oder Scheidenkrampf (bei der Frau)
Zur formalen Ausprägung:
- Primär oder sekundär
- Initial oder andauernd
- Praktikbezogen oder nicht
- Partnerbezogen oder nicht
- Situationsbezogen oder nicht
- Schweregrad der Beschwerden
- Dauer der Beschwerden
Zu den möglichen Ursachen:
a) Organisch
- Allgemeine Erkrankungen
- Entzündungen
- Neurologische Erkrankungen
- Gefäßerkrankungen
- Hormonelle Erkrankungen
- Fehlbildungen
- Verletzungen, Narben, Zustand nach Operationen
- Medikamente
- Drogen, Alkohol, Nikotin
- Vergiftungen
b) Psychosozial
(oberflächlich)
- Unerfahrenheit, Unkenntnis, Aufklärungsdefizit
- Fehlvorstellungen, falsche Normvorstellungen
- Oberflächliche Ängste (Intimitätsmangel, Ertapptwerden)
- Sozio-kulturelle oder ethnische Differenzen
- Internet-basierte Pornographie-Sucht
(Intra-psychisch)
- Triebängste (Kontrollverlust, Ekel, Kastrationsängste)
- Beziehungsängste (Verlust, Ablehnung, Inzest, Ich-Verlust)
- Geschlechtsidentitätsstörung (Transsexualität, Homosexualität, Organverlust)
- Gewissensängste, Moralvorstellungen, Glaubensprobleme)
- Zustand nach sexuellem Missbrauch
c) Partnerbezogen
- Sexualangst als Grundkonflikt
- Sex als Machtmittel
- Nähe-Distanz-Probleme
- Appetenzniveaustörungen z. B. durch Deviations– oder Perversionswünsche (SM-Problematik)
Speziell die Internet-basierte Pornographie Sucht hat in den vergangenen 20 Jahren deutlich zugenommen und betrifft immer mehr überwiegend männliche Jugendliche. Ursache ist in dem unproblematischen Zugang zu Pornographie Portalen im Internet. Die seelischen und sozialen Folgen sind wie bei allen Suchterkrankungen teilweise dramatisch und bedürfen einer speziellen Therapie. Wie die Computer Spielsucht ist die Pornographie Sucht seit 01.01.2022 in den internationalen Diagnosen Schlüssel ICD-11 unter Zwanghaftes Sexualverhalten aufgenommen worden.
In diskreten und einfühlsamen Gesprächen werden sexuelle Probleme aufgeklärt und einer möglichen Lösung zugeführt, wobei in ganzheitlich-medizinischer Betrachtungsweise alle in Frage kommenden Ursachen beachtet und – wenn notwendig und vom Klienten gewünscht – auch mit Hilfe anderer Fachärzte aufgedeckt werden sollte, um dann die notwendigen therapeutischen Maßnahmen einzuleiten. Diese Kenntnisse vermittle ich auch weiterhin in Seminaren und Beratungen, meine Erfahrungen durch die langjährige Tätigkeit als Frauenarzt kommen mir dabei zugute.
In diesem Zusammenhang sei auch das Gebiet der Geschlechtsdysphorien erwähnt. Über dreißig Jahre habe ich viele Trans-Frauen und Trans-Männer psychotherapeutisch zu ihrem ersehnten Körperbild begleitet. Die vielfältigen Problematiken hinter ihren Schicksalen zeigten, dass auch hier individuelle persönliche Unterschiede eine große Rolle spielen und bedacht werden müssen. Die Personenstandsänderung nach §45b PStG kann ja jetzt beim Standesamt beantragt werden und die dafür benötigte ärztliche Bescheinigung kann der Hausarzt ausstellen. Für dann gewünschte hormonell und/oder operative geschlechtsangleichende Maßnahmen bedarf es aber eines psychotherapeutischen Gutachtens, damit sie von den Krankenkassen übernommen werden..